Das Jahr ist fast zur Hälfte vorüber. Der Sommer ist mit Wucht gekommen und es ist heiß und trocken. Aber davon will ich – noch – nicht schreiben.
Lieber ein wenig von Irland erzählen. Die Insel hat mich wieder gekriegt. Am besten schildere ich vielleicht den Reiseverlauf.
Dublin als erste Station. Die Stadt ist quirlig und voll und laut. So habe ich es empfunden. Natürlich gibt es viele Parks und viel Grün, aber nach dem ersten Tag in die Wickow Mountains zu kommen, war eine Erleichterung.
Glendalough ist eine alte Klostersiedlung und liegt bei zwei Seen. Ganz viel frische Luft und der Geruch nach Wald und Wasser lassen mich tief einatmen. Das Gefühl, mit ganzer Seele angekommen zu sein, ist spätestens nach der Wanderung durch die Berge gekommen.
Von dort geht es weiter nach Kilkenny und am Abend nach Clonmel. Das Städtchen liegt an einem Fluss, der in der untergehenden Sonne eine sehr romantische Atmosphäre hat.
Cork ist keine schöne Stadt, zumindest habe ich das so empfunden. Garinish Island, die Blumeninsel, gefällt mir da schon viel besser. Und ohne Touristen wäre es perfekt für eine langes Wochenende.
Am Ring of Kerry gibt es eine Begegnung mit einem Experten für essbare Algen und andere Pflanzen. Ich weiß jetzt, dass die Winkinger das Zeug schon auf ihren Schiffen dabei hatten, weil es sich hält und auch Mangelerscheinungen vorbeugt.
Inishmore ist die größte de Aran-Inseln und das Wetter über den Tag war einfach super. Mit leichten Sonnenschäden. Dafür gab es dann auf der Rückfahrt salzige Gischt von hinten und Regen von oben und einen Temperatursturz von zwanzig Grad. Das gehört scheinbar auch dazu.
Die Cliffs of Moher sind natürlich Pflicht. Und das Wetter hat mitgespielt und so früh am Morgen waren dort auch nur ganz wenig Menschen unterwegs.
Für mich war es ganz leicht, bei Blick aufs Meer am Horizont Tir Na Nog zu sehen. Das Land der ewigen Jugend, wo Jahre wie Tage vergehen.
Connemara fühlt sich für mich am irischsten an. Die Landschaft dort und das Licht und der Geruch und alles. Und ich habe das Gefühl, dass sich dort ein Fenster durch Zeit auftut. Und einen Blick in eine Zeit freigibt, die schon längst vergangen ist.
Sligo ist das Land von William Butler Yeats. Ich habe mir ein paar Verse von ihm mitgenommen und bin an seinem Grab gestanden. Ein sehr beeindruckender Mann, so hab ich es empfunden.
“The world is full of magic things, patiently waiting for our senses to grow sharper.”
“I have spread my dreams under your feet. Tread softly because you tread on my dreams.”
― W.B. Yeats
Nordirland mit Derry und Belfast ist bedrückend. Ich höre die Berichte von den Troubles und sehe die Wandmalereien und bin einfach nur bedrückt. Für einen kurzen Moment überkommt mich eine tiefe Melancholie. Es hat sich nichts geändert und die negativen Gefühle und der Hass scheinen nie aufzuhören. Die Spirale der Gewalt dreht sich immer weiter. In Nordirland und auch bei uns. Und jeder ist ganz sicher, auf der richtigen Seite zu stehen und das Richtige zu tun.
Giant’s Causeway wirkt dagegen sehr beruhigend auf mich. Der Tag ist so klar, dass bei der Wanderung an der Küste die schottischen Ufer zum Greifen nahe scheinen. In diesem Moment höre ich wieder den Gesang der Insel, der vorübergehend still geworden ist. Und ich spüre wieder die Magie, die hier im Boden zu liegen scheint und alles durchdringt.
Mit der Rückkehr nach Dublin ist der Kreis komplett, der einmal um ganz Irland geführt hat.
Die Straße geht wieder weiter und deshalb will ich mit den Worten von Tolkien schließen:
“The Road goes ever on and on,
Down from the door where it began.
Now far ahead the Road has gone,
And I must follow, if I can,
Pursuing it with eager feet,
Until it joins some larger way
Where many paths and errands meet.
And whither then? I cannot say.”
Féach tú Éirinn