Es ist eine ganze Menge passiert seit meinem letzten Blogpost. Ein mörderischer Krieg, der die Welt aus den Fugen gehen lässt. Letzte Woche haben wir meinen Schwager begraben, den ich mehr als vierzig Jahre kannte und der für mich wie ein Bruder war.
Die Erkenntnis, dass alles viel zerbrechlicher ist, als ich lange Zeit gedacht habe. Die Frage, wieviel Zeit mir noch bleibt.
Und meine Musik und meine Lieder. Im August werde ich ein Konzert in Bremen spielen. So eine Art Wohnzimmerkonzert und Jurtenabend in einem. Natürlich ist es völlig verrückt, für ein Wochenende nach Bremen zu fahren. Aber jetzt ist die Zeit, um verrückte Dinge zu tun. Ich werde hier noch mehr darüber erzählen. Und ich freue mich sehr darauf.
Es gibt auch Ideen für ein neues Songprojekt. Ich habe es Hoffungsblumen genannt. Die will ich mit diesem Lied pflanzen.
Letztlich ist das Pflanzen immer ein Akt der Hoffnung. Egal ob Himmelsblumen oder Apfelbäumchen. Und auch Kinder sind eine Hoffnung auf eine Zukunft in einer besseren Welt. Ob die wirklich besser wird, kann keiner sagen. Aber wir, die wir jetzt leben, haben eine Aufgabe: Die Welt ein Stück besser zu verlassen, als wir sie vorgefunden haben. Ist das Wunschdenken oder rosafarbene Brille? Ich denke, man muss dem negativen Megatrend etwas entgegensetzen.
Und das will ich tun.

Der Frühling weicht dem Sommer. Der Sinn der Jahreszeiten übertrifft den Sinn der Jahrhunderte.
So ist die letzte Strophe aus meinem Lied Sängergeschichten.

Wenn es hell wird im Jahr
Weil der Winter jetzt geht
Siegt das Tageslicht über die Nacht
Sind die Lieder von Sehnsucht und Hoffnung erfüllt
Die Geschichten aus Träumen gemacht
Entfacht aus neun Scheiten aus heiligem Holz
Macht das Feuer das Herz mir ganz hell
Ich will es genießen,so lange es brennt
Und warm ist, die Zeit fliegt so schnell

Leb wohl Mai, mein Lieblingsmonat
Mozart des Kalenders
Melancholie und Freude sind Schwestern
Wir sehen uns im nächsten Jahr

Mal wieder bin ich gestern mit der Fenstermusik dran und habe versucht, die Liedauswahl den aktuellen Ereignissen und meiner Stimmungslage anzupassen.
Es war an einem Sommertag ist so ein Lied, das ich schon ganz lange kenne. So weit ich weiss, wurde es Mitte der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts geschrieben. Es erzählt von einem Werbertrupp, der für die Kriege des Kaisers Soldaten sucht und auch immer welche findet. Ich denke daran. dass für den Krieg und den Tod Begriffe wie Raum und Zeit nicht gelten.
What a Wonderful World besingt Natur, Sonne, Farben, Freundschaften und Kinderaugen. Für mich ist es eine Art Gegenbild zu den aktuellen Ereignissen. Es wurde glaube ich in den sechziger Jahren geschrieben. In den USA in einer Zeit der Bürgerrechtsbewegung und der Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg. Von daher passt es trotz der schönen Bilder recht gut hier rein.
Ich singe das Lied von den Edelweißpiraten, auch das im Grunde ein Friedenslied. In der letzten Strophe habe ich beim Text zwei Worte verändert. Da ist davon die Rede, dass in Amt und Würden immer noch Faschisten sitzen. Das „immer noch “ habe ich in „schon wieder“ geändert.
Mein Kind wir waren Kinder ist ein vertontes Gedicht von Heinrich Heine. Er hat es wohl Anfang des 19. Jahrhunderts für seine Schwester Charlotte geschrieben. Es ist eine warme leuchtende Erinnerung eines Erwachsenen an seine Kindheit.
Wie immer beendet die Ode an die Freude die Fenstermusik.
Deine Zauber binden wieder
Was die Mode streng geteilt
Alle Menschen werden Brüder
Wo dein sanfter Flügel weilt

Es ist geschafft, das Lied ist fertig. Ich habe begriffen, dass sich die Vergangenheit nicht ändern lässt. Und so kann ich nur neue Lieder schreiben und damit vielleicht aus Steinen Blumen wachsen lassen. Meine Verse malen Bilder und ich hoffe, dass ich aus Tränen Poesie machen kann.
Meine Zeit auf dieser Welt ist begrenzt. Das wusste ich im Grunde immer schon. Den Gedanken habe ich aber immer nach hinen geschoben. Der Tod meines Vates hat ihn ganz weit nach vorne gebracht.
Ich will meine Zeit nutzen so gut ich kann. Und singe von Wald und von Liederwegen. Und vom Geist des Spielmanns.
Hier ist der Abschluss von Seelenspuren:
(mehr …)

Ich bin wieder dran mit der Fenstermusik und habe mich wegen des Windes an eine andere Stelle verzogen. Einer der Nachbarn zieht um und ein Teil der Möbel steht noch draußen. Deshalb wirkt das Bild ein bisschen wie aus einem Wohnzimmerkonzert.
Es soll ein bisschen Sound of Peace sein und die Stücke sollen dazu passen.
Ich singe das Lied „Es ist an der Zeit“, das vom ersten Weltkrieg handelt. Die Melodie ist aus Irland und Hannes Wader hat vor mehr als vierzig Jahren einen deutschen Text dazu gemacht. So lange kenne ich es nun schon und nichts hat sich geändert.
Das Lied „Die Gedanken sind frei“ ist aus dem 19. Jahrhundert. Es ist in Zeiten politischer Unterdrückung oder Gefährdung Ausdruck für die Sehnsucht nach Freiheit und Unabhängigkeit. Es scheint mir für die aktuelle Situation genau passend zu sein.
Den „Universal Soldier“ habe ich auch schon ganz lange nicht mehr gesungen. Das Lied ist glaube ich von 1965 und eines der bekanntesten Antikriegslieder, das ich kenne. Und ich finde, dass heute wieder die Zeit dafür ist.
Unser Nachbar und guter Freund zieht von hier weg und wir verabschieden ihn mit der Elvis-Version von „Wooden Heart“. Es soll ein wenig Kontrast zu den vorherigen Liedern sein.
Am Schluss wieder wie immer die gemeinsame Ode an die Freude. Ein bisschen Sound of Peace in dieser Zeit.

Die aktuelle Situation macht es ein bisschen mühsam für mich. Ich habe zwar die Geschichte und die Bilder im Kopf, aber es passiert gerade einfach zu viel. Andererseits hat mir Musik bisher immer geholfen. Sie ist für mich ein Licht in der Nacht, wenn alle anderen Lichter ausgehen.
In Zeiten wie diesen muss man Apfelbäumchen pflanzen – oder neue Lieder schreiben. Und dafür habe ich noch ganz viele Ideen.
Hier ist die zweite Strophe von Seelenspuren:
(mehr …)

Was am Anfang der Pandemie begonnen hat, führen wir immer noch weiter. Damals wollte ich mit den Fensterkonzerten gerne ein Zeichen setzen. Gegen Angst und Unsicherheit, auch bei mir selbst. So waren dann auch die Lieder, die wir seitdem gesungen haben.
Jetzt ist es glaube ich an der Zeit, die anderen Lieder wieder rauszuholen. Die von früher, die von der Sehnsucht nach Frieden handeln.
Ich singe Sag mir wo die Blumen sind und erinnere mich, dass es 1955 im Kalten Krieg von Pete Seeger geschrieben wurde. Wir scheinen jetzt wieder so weit zu sein.

Ich singe mein Lied Manchmal, das mir für den Anlass zu passen scheint. Hier ist die erste Strophe davon:

Manchmal, wenn sich Nebelgrau auf meine Seele legt
Und die Nacht auf ihren Flügeln dunkle Träume mit sich trägt,
Will ich mich daran erinnern, dass ich noch am Leben bin,
Dass ich zu viel Zeit verbringe auf der Suche nach dem Sinn.
So lang mir meine Seele und mein Leben bleiben,
sind die Lasten, die ich trage ziemlich klein.
Und wie immer wird der Tag die Nacht vertreiben
Und ich schäm mich fast ein wenig, so glücklich zu sein.

Zogen einst fünf wilde Schwäne ist von 1918. heute noch so aktuell wie damals. Ich habe es ganz lange nicht mehr gespielt, aber es gehört einfach hierher.

We shall overcome – bei diesem Lied muss ich mit meiner Stimme kämpfen. Geboren in der Zeit der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung hat es auch heute noch eine unglaubliche Kraft.

Auch die Ode an die Freude ist im Grunde ein Lied für den Frieden. Wir singen es wie immer gemeinsam zum Schluss.

Es hat ein bisschen gedauert mit der ersten Strophe. Ich habe gemerkt, das das Thema doch herausfordernder ist, als ich zuerst dachte. Ich will ja über einen einzigen Wunsch schreiben. Die Schmerzen heilen zu können, die ich anderen zugefügt habe. Das wird glaube ich das persönlichste Lied, das ich bisher geschrieben habe. Aber auch sehr spannend, weil ich es so darstellen will, dass die Geschichte beim Zuhören verstanden werden kann.
In der ersten Strophe lege ich das Fundament dazu. Schlaflose Nächte kennt glaube ich jeder und auch das Gedankenkarussel, das nicht gestoppt werden kann. Was macht man da? Bei einem Becher Tee und einer Kerze vermischen sich Dampf und Flamme und ich kann dort Bilder aus meiner Vergangenheit sehen. Manches vergessen geglaubte wird wieder lebendig. Und ist klarer als es damals war.
So beginnt es. Das Versmaß ist da und auch die Melodie. Das nächste Stück des Weges kann ich schon erkennen. Ich freue mich, wenn ihr mich wieder ein Stück darauf begleitet.
Hier ist die erste Strophe von Seelenspuren: (mehr …)

Fenstermusik im Vorfrühling – Es gibt sie immer noch und bisher haben uns weder Regen noch Schnee noch Kälte davon abgehalten. Gestern war ich mal wieder dran und habe mich bei kuscheligen fünf Grad mit der Gitarre vors Haus gestellt. Es gab Lieder aus Irland und ich habe mich bemüht, wieder neue zu finden. Lord of the dance und Wild mountain thyme, Fiddler’s green und Irischer Reisesegen. Als gemeinsamer Abschluss dann die Ode an die Freude.
Wie oft beim Musikmachen geht mein Blick nach innen und ich sehe die Bilder aus Irland vor mir. Ich kann den Wind auf meinem Gesicht spüren und den Salzgeruch der See schmecken. Diese Insel hat eine eigene Magie und ich kann in manchen Nächten ihre Stimme meinen Namen rufen hören.